Rakete von Hermannstadt (Conrad Haas)

 Rakete von Hermannstadt (Conrad Haas)



Wer der festen Überzeugung ist, dass in Peenemünde die erste nennenswerte Pionierarbeit im Bereich Raumfahrt stattfand, den muss ich leider enttäuschen. Zwar erfuhr dort die moderne Raketenforschung einen wahren Höhenflug. Die Anfänge liegen aber weit vor der modernen Kriegsführung, mit ihren Projektilen, die Menschen nur dafür erfanden, um den Gegner so schnell wie möglich zu zermürben.

Einen anderen, viel humaneren, Ansatz dürfte der „Feuermeister“ Conrad Haas verfolgt haben. Er wurde im Jahre 1509 in Dornbach, bei Wien, geboren. Tatsächlich kann man aber selbst Haas vorhalten, er sei „nur“ der Fort-und Ausführer dieser, für damalige Verhältnisse, übermenschlicher Leistung und geistlicher Schaffenskraft. Die Schriften wurden 1961 von Doro Todericiu, damaliger Professor für Wissenschaft und Technik an der Universität von Bukarest, in den Archiven der Bibliothek Hermannstadt (Rumänisch: Sibiu) aufgelesen. Hermannstadt befand sich zur damaligen Zeit im Einfluss der Siebenbürgen Sachsen.

Die Texte können in drei Autorenarbeiten unterschieden werden. Hans Haasenwein, ist darunter der erste, der im Jahre 1417 die Möglichkeit einer Stafette mit innerer Antriebskraft überdachte. Der zweite Autor, dessen Namen leider nicht auffindbar ist, unternahm 1460 erste praktische Versuche, diese Idee umzusetzen. Leider mit eher mäßigem Erfolg. Conrad Haas gelang es letztendlich 1555 eine mehrstufige Rakete Richtung Himmel abzuschießen. Vergleichbar war diese von der Funktion her mit einer Rakete, Machart Kap Kennedy. Die Textpassagen die sich um Haas drehen, der am königlichen Hofe unterer anderem für das Waffenarsenal zuständig war, spielen sich von 1528 bis 1570 ab.

Der Raketenpionier kann mit Fug und Recht als verkanntes Genie bezeichnet werden. In einer Zeit, in der das geistig-ideologische Schaffen meist davon abhängig war, ob es mit dem Glauben konform ging oder nicht. Dies betrifft eine Zeit vor etwa 500 Jahren, wo die Aufklärung noch ziemlich weit entfernt war. Wenn Conrad Haas und seine Versuche mit den geläufigen Erfindungen und Errungenschaften der damaligen Zeit verglichen werden, dann kommt man ins Staunen. Der am besten beschriebene Versuch handelt von schon erwähnter Rakete, die 1555 in Hermannstadt gezündet wurde. Es handelt hier sich um eine dreistufige Rakete, also drei voneinander getrennten Kammern, die sich in Etappen auf dem Weg nach oben auslösten. Der Treibstoff soll fester Natur gewesen sein und unter anderem aus Zunder, Essig, Span, Alkohol und Ammoniak bestanden haben. Die „fliegende Lanze“ soll nach damaliger Beschreibung die Mesosphäre durchschritten haben und kurz vor der Thermosphäre gestoppt sein. Das lassen jedenfalls die detaillierten Berichte vermuten, die die Rakete, die ca. 2-3 Meter hoch war, als kaum erkennbaren Punkt bezeichneten.

Conrad Haas steht mit in einer Reihe verkannter, teilweise in der Vergangenheit entschwundener Vordenker, die ihrer Zeit mehr als nur voraus waren. In seinen Aufzeichnungen machte er sogar mehrere Raketentypen fest, die er ebenfalls erprobte. Auch machte er sich um Treibstoffe Gedanken, ob sie im festen oder flüssigen Zustand leistungsfähiger sind. Nachdenklich stimmt seine Erwähnung, die immer wieder in seinen Texten hervorging. Die Feuerlanzen sollten nicht dazu benutzt werden, um Menschen zu schaden, sondern um sie zu begeistern und Fortschritt zu erlangen. Als hätte er zur damaligen Zeit ihre zerstörerisches Potential erkannt. Hier eine Grobe Zusammenfassung seiner Errungenschaften:

1529: Zweistufige Rakete

1530: Dreistufige Rakete

1530: Raketen Speicherzelle

1555: Erprobung einer mehrstufigen Rakete

1555: Erprobung von deltaförmiger Raketenforschung

1559: Prototyp einer Schubrakete

In besagten Schriften beschreibt Haas auch die eventuelle Bemannung seiner Fluggeräte. Hierbei sollen Menschen in einen Art Haus im Kopf der Rakete untergebracht werden. Conrad Hass ist so ziemlich in Vergessenheit geraten. Schon zu dieser Zeit gab es allem Anschein nach nicht allzu viel Widerhall zu seinen Projekten. Desto dankbarer sollte man sein, dass seine Schriften zu unserer Zeit noch auffindbar sind. Man stelle sich vor, wie schaue unsere Welt heute aus, wenn es bereist im 17. Jahrhundert Kurzstrecken-Raketen gegeben hätte? Dies weiß keiner genau, aber der Gedanke daran, was zur damaligen Zeit möglich war, lässt einen nachdenklich werden.

Carsten
02.10.2017




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